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Manöver gegen Friedensaktivisten und »Terroristen«
Flugblätter und Feuergefechte – wie die Bundeswehr in Bayern die »zivil-militärische Zusammenarbeit« trainiert
On-line gesetzt am 16. Januar 2010
zuletzt geändert am 13. Januar 2010

Berichte von einem Manöver in Bayern lassen konkrete Planungen der Bundeswehr für Kampfeinsätze im Inland erkennen. Gegenstand der Meldungen ist eine Militärübung in der Nähe des bayerischen Ortes Schwarzenbach am Wald, der ein bürgerkriegsähnliches Szenario zugrunde lag.

Wie die Bundeswehr selbst berichtet, hat sie an der »Luftverteidigungs- stellung Döbraberg« Anfang Oktober eine mehrtägige »Objektschutzübung« abgehalten. Trainiert wurde sowohl der Umgang mit demonstrierenden Friedensaktivisten als auch die Verteidigung der örtlichen Radarstation gegen schwer bewaffnete »Terroristen«. An der Übung beteiligt waren neben Soldaten und Reservisten des »Landeskommandos Bayern« auch das Technische Hilfswerk (THW), das Bayerische Rote Kreuz (BRK), die Bergwacht und die Freiwillige Feuerwehr. Das Manöver habe sich »vor den Augen« des Bundestagsabgeordneten Dr. Hans-Peter Friedrich (CSU) und in Anwesenheit von Vertretern der benachbarten Kommunen sowie der Polizei abgespielt, erklärt die deutsche Luftwaffe auf ihrer Internetseite.

Wie der Lokalpresse zu entnehmen ist, lag der Übung »Hoher Franke II« folgendes Szenario zugrunde: Einhergehend mit der »Ausweitung des Afghanistan-Einsatzes« sind auch die in der Bundesrepublik stationierten »Verbände der Luftverteidigung und der Luftraumüberwachung« ins Visier von Aufständischen und »Terroristen« geraten. Nicht näher bezeichnete Geheimdienste haben bei einer Fahrzeugkontrolle Papiere, Karten und Koordinaten der Stellung am Döbraberg konfisziert und daraus auf einen kurz bevorstehenden Angriff geschlossen.

Dieser sei dann auch prompt erfolgt, heißt es weiter: Am ersten Tag des Manövers hätten es die eingesetzten Soldaten und Reservisten der Bundeswehr zunächst lediglich mit »harmlosen, Flugblätter verteilenden Friedensaktivisten« zu tun gehabt, sich dann aber »Feuergefechten im Wald« stellen müssen. Nach dem nächtlichen Beschuss eines Munitionstransporters sei am frühen Morgen des zweiten Manövertages die Luftwaffenstellung selbst attackiert worden, berichtet die Regionalzeitung Frankenpost. Und weiter: »Ein Fahrzeug durchbrach den Checkpoint und explodierte, wobei viele Soldaten verletzt wurden.« Daraufhin habe die Bundeswehr die »zivilen Hilfsorganisationen« THW, BRK, Bergwacht und Freiwillige Feuerwehr alarmiert, weil die Militärs deren Unterstützung benötigt hätten.

Ihren Höhepunkt erreichte die Übung dem Bericht zufolge mit einem Überfall von »Terroristen« auf den Radarturm der Luftwaffenstellung. Da die Angreifer dabei Panzerfäuste eingesetzt hätten, habe es sowohl im Inneren des Turmes als auch auf den umliegenden Gebäuden viele Schwerverletzte gegeben. Aufgabe der eingesetzten Militärs sei in dieser Situation die Bekämpfung der »Terroristen« gewesen, heißt es: »Soldaten schlugen mit Salven aus ihren Maschinengewehren die Angreifer in die Flucht beziehungsweise schalteten sie aus.« Die Bergung der Verwundeten indessen sei von den »zivilen Hilfsorganisationen« übernommen worden: »Während das THW die Verletzten von den umliegenden Dächern barg, musste im Inneren des Turmes die Bergwacht Verletzte von der ersten Etage des Turmes aus rund 25 Metern Höhe abseilen.«

Wie einer der beteiligten Bundeswehroffiziere im Anschluss an das Manöver ausführte, war die Militärübung Ausdruck der »praxisnahe(n) gemeinsame(n) Ausbildung unserer aktiven Soldaten und der Reservisten«. Letztere waren bereits Anfang August von der zuständigen Kreisgeschäftsstelle des Reservistenverbandes aufgefordert worden, sich an der »Objektschutzübung Hoher Franke II« zu beteiligen. Gebraucht würden allein sechzehn Mann für die »Feinddarstellung« – die Übernahme der Rolle der Friedensaktivisten und der »Terroristen«.

Unterstützung erfuhr das Bürgerkriegsmanöver derselben Quelle zufolge auch von dem in München beheimateten »Landeskommando Bayern« der deutschen Streitkräfte. Das Landeskommando fungiert nach eigenen Angaben als »erste(r) Ansprechpartner der Bayerischen Staatsregierung« in allen Fragen der »zivil-militärischen Zusammenarbeit«. Hierunter fällt zuvörderst die Koordination von Bundeswehreinsätzen im Inland mit der Tätigkeit von »Hilfsorganisationen«. Zu diesem Zweck unterhält das Landeskommando sieben Bezirksverbindungskommandos, die den Regierungspräsidien zugeordnet sind, sowie 103 Kreisverbindungskommandos auf der Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte. Diese Verbindungskommandos bestehen laut Bundeswehr »ausschließlich aus erfahrenen Reservisten«; ihre Gesamtstärke beziffert sich auf mehr als tausend Mann.

Parallel dazu bemüht sich die deutsche Luftwaffe bereits seit längerem, Reservisten in ihre »Objektschutzregimenter« zu integrieren. »Einsatzbezogenes Ziel« sei es, so der ehemalige stellvertretende Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Heinz Marzi, einen »Zug von nichtaktiven infanteristischen Kräften« nach einer abschließenden »Objektschutzübung« noch Ende dieses Jahres »vollverantwortlich und gut vorbereitet an den ›Start‹ zu bringen«. Mit der besagten Übung war offensichtlich das Manöver »Hoher Franke II« mit seinem bürgerkriegsähnlichen Szenario gemeint. (20.11.2009 )