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Forschungspartner
On-line gesetzt am 21. September 2011
zuletzt geändert am 3. August 2011

Eine Forschungsgruppe der Technischen Universität Dresden erarbeitet Empfehlungen für den Umgang der Bundeswehr mit ihren kriegsbedingt traumatisierten Soldaten. Erklärtes Ziel der vom Bundesverteidigungsministerium mit einem Millionenbetrag finanzierten Studie ist es, psychische Störungen bei in Afghanistan eingesetzten Militärangehörigen "frühzeitig" zu erkennen und "adäquat" zu behandeln.

Weitere kriegsmedizinische Untersuchungen befassen sich mit der Erforschung potenzieller biologischer Waffen; als Auftraggeber firmiert in diesem Fall das "Wehrwissenschaftliche Institut für Schutztechnologien" der Bundeswehr. Parallel dazu kooperiert die TU Dresden eng mit namhaften deutschen Rüstungskonzernen. Bei alljährlich auf dem Campus stattfindenden "Bonding-Messen" werben diese gezielt um akademischen Nachwuchs. Flankiert werden rüstungstechnische und wehrmedizinische Forschungsarbeiten von entsprechenden Lehrveranstaltungen. Für das laufende Semester hat ein sogenannter Jugendoffizier der deutschen Streitkräfte ein eigenes Seminar angekündigt. Das Thema lautet: "Die deutsche Sicherheits- und Verteidigungspolitik aus Sicht der Bundeswehr".

Todeskonfrontation

Wie die Technische Universität Dresden mitteilt, erforscht eine Studiengruppe des Instituts für Klinische Psychologie die Häufigkeit seelischer Erkrankungen bei in Afghanistan operierenden Bundeswehrsoldaten. Erklärtes Ziel der vom Bundesverteidigungsministerium mit insgesamt 1,7 Millionen Euro finanzierten Untersuchung ist es, "Empfehlungen" zu erarbeiten, "wie zukünftig die Prävention und Behandlung von Soldatinnen und Soldaten vor, während und nach einem Auslandseinsatz verbessert werden kann". Zu diesem Zweck wurden der Universität zufolge 1.488 Afghanistan-Veteranen der Bundeswehr in einem zweistündigen "Untersuchungsgespräch" über traumatische Kriegserlebnisse befragt. Konkret ging es um die individuellen Erfahrungen mit der "Kampf-, Verletzungs- und Todeskonfrontation". Die Interviews wurden parallel an 19 deutschen Militärstandorten geführt. Wie die Forschungsgruppe erklärt, habe man dort gemeinsam mit den jeweiligen Kommandeuren und dem Sanitätsdienst der deutschen Streitkräfte entsprechende "Untersuchungszentren" aufgebaut. Dies sei "weltweit bislang einmalig".[1]

Traumata, Angstgefühle, Depressionen

Die ersten Ergebnisse der Studie über "Prävalenz und Inzidenz von traumatischen Ereignissen, Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) und anderen psychischen Störungen" [2] bei in Afghanistan eingesetzten Soldaten der Bundeswehr wurden unlängst der Öffentlichkeit vorgestellt. Deutlich wurde dabei, dass jährlich mindestens 300 der am Hindukusch mit Kriegsoperationen befassten Militärangehörigen seelisch erkranken. Den Forschern der TU Dresden zufolge leiden sie nicht nur an PTBS, sondern ebenso an regelmäßig wiederkehrenden Angstgefühlen, Depressionen und multiplen "Erschöpfungssyndromen". Gleichzeitig betonten die Wissenschaftler, dass die "Erkrankungsraten" bei deutschen Soldaten "gravierend niedriger" seien als bei englischen und US-amerikanischen Militärs. Zurückgeführt wird dies vor allem auf die "besseren Auswahlkriterien" und die "bessere Einsatzvorbereitung".[3] Beides soll nun offenbar auf Grundlage der Studie weiter perfektioniert werden.

Biologische Waffen

Andere "wehrmedizinische" Forschungsarbeiten der TU Dresden befassen sich laut Auskunft der sächsischen Landesregierung mit der Untersuchung potenzieller biologischer Waffen. So entwickelte das Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene im Auftrag der Bundeswehr einen "monoklonalen Antikörper" gegen das sogenannte Staphylococcus Enterotoxin.[4] Das von einem Bakterium ausgeschiedene Stoffwechselgift gilt als außerordentlich waffentauglich, da es leicht zu aerosolisieren und sehr stabil ist. Die Auswirkungen einer Vergiftung reichen von multiplem Organversagen bis zum Tod. Finanziert wurde das Forschungsprojekt vom "Wehrwissenschaftlichen Institut für Schutztechnologien - ABC-Schutz" der Bundeswehr. In den Jahren 2006 bis 2009 erhielt die TU Dresden insgesamt knapp 50.000 Euro an entsprechenden Drittmitteln.

Rüstungsforschung

Außer mit dem Bundesverbnd der Bundeswehr kooperiert die TU Dresden nach eigenen Angaben eng mit namhaften Unternehmen der deutschen Rüstungsindustrie, darunter ThyssenKrupp, EADS, Diehl, Jenoptik und Daimler. Die genannten Firmen präsentieren sich unter anderem einmal jährlich bei einer sogenannten Bonding-Messe auf dem Campus, wo sie gezielt um akademischen Nachwuchs werben. In den vergangenen Jahren war dies bereits mehrfach Anlass für massive Proteste seitens der Studierenden, die eine Selbstverpflichtung der Hochschule auf ausschließlich friedliche Zwecke fordern. Von der Universitätsleitung hingegen wird der Verzicht auf die Zusammenarbeit mit Rüstungsunternehmen strikt abgelehnt. Erst unlängst erklärte der Rektor der TU Dresden, Hans Müller-Steinhagen, hierzu in einem Presseinterview: "Wir sehen (...) mögliche Nachteile für die TU Dresden durch den Bann möglicher Forschungspartner."[5]

Aus Sicht der Bundeswehr

Flankiert werden die an der TU Dresden durchgeführten rüstungstechnischen und wehrmedizinischen Forschungsarbeiten von entsprechenden Lehrveranstaltungen. So offeriert etwa das an der Hochschule angesiedelte "Zentrum für Internationale Studien" (ZIS) im laufenden Sommersemester ein Seminar über die "deutsche Sicherheits- und Verteidigungspolitik aus Sicht der Bundeswehr". In der Veranstaltungsankündigung wird Deutschland als "politische(s) und wirtschaftliche(s) Schwergewicht" bezeichnet, das "einen angemessenen militärischen Beitrag an sogenannten robusten Militäreinsätzen" leisten müsse, "um den akuten Risiken der internationalen Sicherheit zu entgegnen".[6] Dass der Dozent hauptberuflich für die militärpolitische Propaganda der Bundeswehr unter Schülern und Studenten zuständig ist, erfahren Interessierte allerdings nicht. Der Politologe Robert Schultz arbeitet im Rang eines Hauptmanns als "Bezirksjugendoffizier".

[1] Psychische Gesundheit bei Soldaten und Soldatinnen der Bundeswehr im Zusammenhang mit Auslandseinsätzen; tu-dresden.de 06.04.2011

[2] Antwort der Sächsischen Staatsregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Dr. Dr. h. c. Gerhard Besier, Fraktion Die Linke (Drs.-Nr. 5/3529) 13.10.2010

[3] Psychische Gesundheit bei Soldaten und Soldatinnen der Bundeswehr im Zusammenhang mit Auslandseinsätzen; tu-dresden.de 06.04.2011

[4] Antwort der Sächsischen Staatsregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Dr. Dr. h. c. Gerhard Besier, Fraktion Die Linke (Drs.-Nr. 5/3529) 13.10.2010

[5] CAZ. Die Campus-Zeitung, Nr. 127, 02.05.2011

[6] TU Dresden/Zentrum für Internationale Studien: Die deutsche Sicherheits- und Verteidigungspolitik aus Sicht der Bundeswehr (Veranstaltungsaushang)


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