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Zur Geschichte der Liebig 14
On-line gesetzt am 31. März 2011
zuletzt geändert am 2. Februar 2011

Am 2 Februar wurde Liebig 14 von 2.500 Polizisten trotz vielfältigem Widerstand geräumt. Hier ein kurzer Überblick über die Geschichte dieses autonomen Projektes das 1990 mit einer Besetzung begann. Nichts ist vergessen...

Haus

Die Liebigstr. 14 wurde wie viele der noch existierenden Berliner Hausprojekte Anfang 1990 besetzt. Nach der Räumung der Mainzer Str. im November desselben Jahres, entschieden sich die Besetzer_innen mit dem Senat über eine Legalisierung des Hausprojektes zu verhandeln. 1992 gelang es, Mietverträge für insgesamt neun Wohneinheiten abzuschließen. Faktisch bedeutete dies, dass mit Ausnahme der Erdgeschosswohnung das gesamte Haus weiterhin kollektiv bewohnt werden konnte. Eigentümerin war die Wohnungsbaugenossenschaft Friedrichshain (WBF).

Dies änderte sich im Jahr 1999. In diesem und im darauf folgenden Jahr kaufte ein junger Ingenieur gleich mehrere ehemals besetzte Häuser: Die Liebigstr. 14, sowie die angrenzenden Häuser Rigaer Str. 94, 95 und 96. Suitbert Beulker war aufgetaucht und machte sich alsbald unbeliebt im Friedrichshainer „Nordkiez“.

Um sich ein Bild über die Geschäftspraxis von Herrn Beulker zu machen, lohnt ein Blick auf über ihn erschienene Artikel in der Presse.
Ursprünglich wollte er die Häuser sanieren, mit eigener Stromversorgung eine Art Öko-Wohnblock für Mittelschichtler schaffen. Dass er sein ehrgeiziges Projekt gegen die Interessen der Bewohner_innen (kollektives, selbstbestimmtes und erschwingliches Wohnen) durchzusetzen suchte, sorgte in der Folge für bis heute andauernde, teils heftige Auseinandersetzungen.

Versuche einer Mediation wurden von seiner Seite immer wieder abgelehnt. Auch sein Jugendfreund und Mitgesellschafter der Lila GbR (Eigentümerin der Liebigstr. 14 und der Rigaer Str. 96), Edwin Thöne, ist bis heute nicht bereit, eine einvernehmliche Lösung mit uns zu finden. Stattdessen versuchen Thöne und Beulker das Haus mit juristischen Mitteln zu entmieten.

Vier Einzelmietverträge sind bereits rechtskräftig verloren. Zur Zeit laufen noch Berufungsprozesse um die weiteren fünf Verträge vor dem Berliner Landgericht. Die letzte Verhandlung findet am Freitag, den 13.(!) November statt.

Die Bewohner_innen

Zur Zeit wohnen 28 Leute im Alter von einigen Monaten bis 37 Jahren in der Liebig14. Die Herkunft der Bewohner_innen erstreckt sich beinahe über den gesamten Erdball. Menschen aus Peru, Bolivien, Marokko, Slowenien, Israel, dem Sudan, Österreich, Frankreich, Russland, Ungarn und der Deutschland leben hier unter einem Dach. Drei davon haben erst kürzlich das Licht der Welt erblickt und sind gerade noch dabei sich daran zu gewöhnen. Die anderen beschäftigen sich mit künstlerischer und politischer Arbeit.

Auf wöchentlichen Plena wird versucht, das Chaos aus verschiedenen Herangehensweisen und Erfahrungshintergründen konstruktiv zu nutzen. Manchmal klappt das ganz gut, manchmal nicht so. Die Hausgemeinschaft verbindet die Lust auf kollektives Zusammenleben und der Versuch, der grauen kapitalistischen Realität etwas entgegenzusetzen. Leider versucht sich nun genau diese Realität daran, uns das Haus zu nehmen, die Liebig14 zu kapitalisieren.

Chronik

Hausprojekt Liebig 14 von den Anfängen bis jetzt

 Anfang 1990 Besetzung

 Mai 1991 Den Besetzer_innen wird die zweifelhafte Wahl gegeben, unbefristete Einzelmietverträge mit der WBF (Wohnungsbaugesellschaft Friedrichshain) abzuschließen. Die Verhandlungen verlaufen konfliktreich, da die WBF durch ihre Verhandlungsführung versucht, die BesetzerInnen der unterschiedlichen Häuser zu spalten und nur einige Häuser Hoffnung auf Verträge haben während gleichzeitig viele andere Häuser geräumt werden

 November 1992 Die Bewohner_innen der Liebig 14 bekommen Verträge, die Mietzahlungspflicht soll nach Abschluss der Bauarbeiten beginnen. Es gibt von Anfang an Konflikte mit der WBF.

 Mai 1994 Die Bewohner_innen werden dazu aufgefordert Miete zu zahlen, da die Bauarbeiten beendet seien. Die Bauarbeiten sind jedoch in vollem Gange, zudem ist die zu zahlende Miete deutlich höher als erwartet, auf Rückfragen seitens der BewohnerInnen gibt es keine Reaktion. Es folgt eine dauerhafte Auseinandersetzung in der die Bewohner_innen immer wieder aufgefordert werden Miete zu zahlen und auf die nicht abgeschlossenen Bauarbeiten hinweisen müssen.

 Januar 1996 Ende der Bauarbeiten im Haus; Beginn der Mietzahlungspflicht

 Januar 1999 Suitbert Beulker und Edwin Thöne (Vorsitzender des Kinderschutzbundes in Unna) erwerben das Haus als Gesellschafter der Lila GmbH und wollen es sanieren. Es finden Verhandlungen über einen Vertrag für das gesamte Haus statt, im Gegenzug stimmen die Bewohneri_nnen der Modernisierung zu. Damit versuchen sie, den Status als Hausprojekt zu sichern.

 Seit März 2001 Beulker bricht Verhandlungen um Gesamtmietvertrag ab und weigert sich fortan, das in den Mietverträgen verankerte Nachmietrecht anzuerkennen. Von nun an weigert er sich zudem, Untermietverträge zu akzeptieren, macht Reparaturen nur nach Monaten, wenn starker Druck aufgebaut wird und versucht auf vielseitige Weise, den Bewohner_innen das Leben schwer zu machen.
Er erhebt zudem den Anspruch, den Schlüssel zur Eingangstür zu erhalten. Diese jedoch stellt den direkten Eingang in den Wohnbereich der BewohnerInnen, da es keine abgetrennten Wohnungen gibt. Deshalb setzten sie sich (erfolgreich) zur Wehr.

 2001 Das Verhältnis der Bewohner_innen zu Beulker verschlechtert sich zunehmend, B. bezeichnet Bewohner_innen der Rigaer94 aufgrund ihrer Reaktionen auf sein Verhalten als Kriminelle und mokiert sich über Solidarisierungen durch Transparente etc.

 2003 Von nun an werden regelmäßig Modernisierungsvorhaben angekündigt, die aber aufgrund von Formalfehlern nicht durchgesetzt werden können; oder aber die benannten Termine werden nicht eingehalten. Es finden regelmäßige Treffen mehrerer Häuser der Liebigstrasse und der Rigaerstrasse statt, um gemeinsam mit Aktionen etc. gegen Umstrukturierungspläne vorzugehen

 Winter 2004/2005 Beulker baut im gemeinsamen Hof der Rigaer 95 und 96 und der Liebig 14 für mehrere Monate ein Blockheizkraftwerk auf, da er vergessen hatte, fristgemäß die Gas-Rechnung zu bezahlen. Der Schornstein des Kraftwerkes reicht nur bis zum 3. Stockwerk, die oberen Etagen der betroffenen Häuser werden dauerhaft verqualmt, abgesehen von der Lärmbelästigung, die alle anliegenden Wohnungen betrifft. Die geminderte Miete dieser Zeit wird sich Beulker im Jahr 2008 von der Liebig 14 einklagen.

 April 2006 Durch die neue Hausverwaltung Oliver Rohr GmbH verstärkt sich der Druck auf die BewohnerInnen.

 Januar 2007 Beulker dringt mit Handwerkern unangekündigt und gewaltsam in das Haus ein. Er lässt die Veranstaltungsräume im Erdgeschoss räumen, die er selber zuvor den Bewohner_innen ohne Vertrag zur Nutzung überlassen hatte.

 15.3.2007 Fristlose Kündigung der Mietverträge durch Beulker. Jedoch keine weiteren Folgen

 Mai 2007 Die Bewohner_innen versuchen erneut, die Nachmietklausel geltend zu machen. Keine Reaktion durch die Hausverwaltung oder die Eigentümer

 Juli 2007 Die Eigentümer werden auf Anerkennung und Umsetzung der Nachmietklausel verklagt

 Oktober 2007 Beulker bietet dem Verein der Rigaer94 in einem Schreiben an, ihr Haus zu kaufen. Unter den aufgeführten Bedingungen befindet sich die Forderung, die Liebig 14 zu räumen (siehe auch dazu „Dokumente“)


 15.11. 2007 In Begleitung und „Schutz“ eines Bauarbeiters und drei PMS-Beamt_innen dringt Beulker früh morgens in das Haus der noch schlafenden Bewohner_innen ein. Er entfernt die Zwischentür zwischen Eingang und Wohnbereich und will dann weiter in den Wohnbereich vordringen. Dies wird jedoch durch die Bewohner_innen verhindert. Nach einigen weiteren Rangeleien, bei denen 3 der Supporter_innen, die mittlerweile eingetroffen sind, Anzeigen davongetragen haben, ziehen sich Beule und Konsorten zurück.

Sie lassen die Bewohner_innen ohne eine funktionstüchtige Tür zurück. Die Schlösser der Eingangs- und der Hoftür wurden an diesem Morgen ersatzlos von Beulker entfernt. Am selben Abend veranstalten die wütenden Bewohner_innen eine Spontandemo um gemeinsam mit Unterstützer_innen ihren Ärger über diesen gewalttätigen Eingriff in ihren Lebensraum deutlich zu machen.

 19.12.07 Alle Wohnungen erreicht ein Brief mit einer fristlosen Kündigung. Die Bewohner_innen werden aufgefordert, das Haus bis zum 21 Dezember, also innerhalb von 3 Tagen zu räumen. Da die Bewohner_innen dieser Forderung erwartungsgemäß nicht nachkommen wollten, sind sie aktuell mit einer Reihe von Prozessen konfrontiert.

 14.11 – 05.12.2008 Eine Zwangsverwaltung wird eingesetzt

 Anfang 2009 Versuch mit Hilfe der Stiftung Edith-Maryon das Haus zu kaufen. Beulker lässt sich zunächst auf eine Kommunikation mit der Stiftung ein, es wird aber schnell klar, dass sein Interesse nicht ernst gemeint ist.

 09.06.2009 Die ersten 4 Prozesse der 2. Instanz werden am Berliner Landgericht verhandelt. Die Richter_innen sprechen sich für eine Mediation aus, die Beulker aber kategorisch ablehnt.